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Abenteuer in Kasachstans Steppen

Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,

wir haben lange nichts von uns hören lassen, wir waren wohl zu sehr mit unseren Abenteuern beschäftigt. Wir waren ganz im Erleben, noch ohne genug Zeit für die Berichterstattung. Aber keine Sorge, diese Zeit ist nun gekommen. An alle, die sich nicht mehr erinnern: Wir sind noch immer in Kasachstan.

Nach einer angenehmen Abwechslung in der lebendigen Stadt geht es weiter durch die trockenen endlosen Steppen Kasachstans nach Westen. Schon lange haben wir keinen Fluss mehr gesehen, der nicht vollständig ausgetrocknet oder zu einem Bach zusammengeschrumpft war.

Bei diesen oft kümmerlich anmutenden Anblicken fragen wir uns oft, wie die Nomaden und Hirten, die in kleinen Dörfern mitten in der Steppe leben, mit einem solchen Mangel an Wasser und Grün überleben. Die Autobahnen und Hauptstraßen sind hingegen neu oder in sehr gutem Zustand. So haben wir genügend Zeit, um über diese essentiellen Fragen nachzudenken.

Was gesagt wurde über die Straßen, gilt für die meisten, aber bei Weitem nicht für alle. Darüber, welcher Straßenzustand das bessere Foto liefert, lässt sich freilich streiten.

Manchmal verirren sich ungewöhnliche Verkehrsteilnehmer auf die Autobahn, diese hier bleiben immerhin hinter den Leitplanken. Rücksicht ist in jedem Fall geboten – Rücksicht mit jedem einzelnen von ihnen.

Ein recht anschauliches Straßenschild macht uns genau darauf aufmerksam. Auch wenn es so erscheinen mag: dies ist keine Fotomontage!

Dies ist kein Schild, wenn es auch so anmuten mag, sondern ein Auto. Kundige wissen allerdings auch deren Signal zu lesen. Da aus diesen verlassen anmutenden Wagen nicht selten Geschwindigkeitskontrollen vorgenommen werden, heißt es bei deren Anblick: schleunigst das Tempo drosseln.

Weitere Hindernisse, würden die Eiligen sagen. Die Gleichmütigen hingegen zählen auch die Rinder zu den Verkehrsteilnehmern.

Und dieses gesamte Treiben auf der Straße findet unter der Aufsicht des wahren Königs der Steppe statt. Uns kommt es beinahe so vor, als stünde er über allen Gesetzen, nicht zuletzt über der StVO.

Das russische (ehemals sowjetische) Kosmodrom Baikonur wurde in den Regionen Kzyl-Ordinsk und Karaganda gebaut, in der kargen, flachen Steppe zwischen den Städten Kazalinsk und Dzhusaly. Seit über siebzig Jahren ist Baikonur ein Symbol für das Raumfahrtprogramm.

Der riesige ellipsenförmige Komplex, der sich über 6.720 Quadratkilometer erstreckt, wurde 1955 während der Sowjetära in Betrieb genommen. Alle sowjetischen und russischen Raketen, von Sputnik über Wostok, Woschod und Sojus bis hin zu den Progress-Frachtern, die die Internationale Raumstation versorgen, sind von hier gestartet. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben die Russen einen Pachtvertrag für den Weltraumbahnhof bis 2050 abgeschlossen.

Für uns als Touristen ist das Objekt praktisch unzugänglich. Aber von der angrenzenden Autobahn aus können wir uns uns immerhin einen Eindruck verschaffen.

An seinen letzten Ufern fühlen wir die Nostalgie der traurigen Geschichte des einst lebendigen Aralsees. Noch in den frühen 1970er Jahren war der Aralsee der viertgrößte Süßwassersee der Welt. Die Oberfläche ist im letzten halben Jahrhundert um mehr als die Hälfte geschrumpft, wobei neue flache Inseln und flache Tümpel in den einstigen Untiefen entstanden sind.

Wracks von Schiffen, die nicht rechtzeitig ausgelaufen sind, liegen haufenweise auf der Seite im Sand. Das Wasser und der Boden werden immer salziger, was die Fisch- und Viehzucht erschwert. Vögel aus den Sümpfen der Flussdeltas mussten anderswo Zuflucht suchen oder starben aus.

Essen müssen wir freilich dennoch, diesmal an einem seltsamen Ort: Was heute Küstenbereich ist, lag vor noch nicht allzu langer Zeit unter Wasser. Diese Vorstellung gefällt uns irgendwie: ein gemeinsames Dinner unter Wasser.

Der Tagebau in Kromtau gleicht einer Mondlandschaft. Mit einer fast infernalischen Faszination blickten wir auf den tiefsten Punkt unserer Reise, der 200 Meter unter dem Meeresspiegel liegt.

Nachdem wir weiter nach Westen durch weite Grassteppen, Berge, Felsen und Sandwüsten gefahren sind, braucht wir eine Pause. Verständlich, beinahe menschlich.

Das Ussjurt-Naturreservat ist eine riesige Wüste, die sich über mehr als 200.000 Kilometer erstreckt und drei Länder umfasst (Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan). Bozjira ist Teil des Ustjurt-Plateaus, wo Mutter Natur offenbar ihrer Fantasie freien Lauf gelassen und diese atemberaubende Landschaft geschaffen hat.

In dem unwirtlichen Tal unterhalb des Berges Sherkala, das von den Einheimischen als heilig angesehen wird, liegt ein Gebiet, das als „Tal der Kugeln“ bekannt ist. Es ist eine geheimnisvolle, wenig erforschte archäologische Stätte mit Steinkugeln und Artefakten, die Wissenschaftler zu entziffern und zu verstehen versuchen. Die gigantischen Kugeln mit ihren geometrisch präzisen runden Formen, glatten Oberflächen und ihrer Symmetrie werfen die Frage auf, wie und warum sie entstanden sind.

Die perfekten Formen erwecken den Eindruck, dass eine hochentwickelte antike Zivilisation hinter der Erschaffung der steinernen Gebilde gestanden haben könnte. Oder kann die Natur so präzise arbeiten? Wurden sie für religiöse oder kultische Rituale verwendet? Ufologen behaupten natürlich, dass sie von Außerirdischen stammen. Nicht zu leugnen ist, dass sie nunmal da sind, und wir bei ihnen – davon zeugt dieses Foto.

Ob wir sie bewegen können oder nicht, darüber erteilt diese Aufnahme keine Auskunft. Beide Varianten scheinen gleich wahrscheinlich.

Auf diese Silhouette, in deren Form sich deutlich ein Gesicht abzuzeichnen scheint, besteht lediglich aus Stein. Rätselhaft, mysteriös, faszinierend!

Aktau, das wir für den Transit nutzen, ist eine junge, moderne Stadt. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegründet, als hier Uran- und Ölvorkommen entdeckt wurden. Sie wurde als Stützpunkt für Ölarbeiter konzipiert, so dass uns hier keine touristischen Attraktionen erwarten.

Aber ein Spaziergang entlang der Küste ist im Grunde immer schön: Das Nebeneinander von Wasser und Land ist Attraktion genug, daran wird sich wohl nie etwas ändern.

Auch an guter kasachischer Küche mangelt es hier nicht. Davon überzeugen wir uns im Restaurant Shashlyky Uncle Gadim. Wie sehr es schmeckt, davon zeugen unsere abgelichteten Gesichter.

Und leider ist es an der Zeit, sich von unserer Lieblingsführerin Irina zu verabschieden. Sie hat uns einen großen Teil der Reise – durch drei Länder – begleitet. Sie hat uns die Schönheit ihres Heimatlandes Kirgistan gezeigt. Sie erzählte uns die Geschichte anderer Orte in Zentralasien auf stets aufschlussreiche und einnehmende Weise. Und sie kümmerte sich um alle unsere Bedürfnisse.

Kein Wunder also, dass wir ein wenig traurig sind. Aber der kleine Alan ist glücklich, seine Mama wieder zu Hause zu haben. Irina, vielen Dank.

Da Aserbaidschan keine Touristen mit eigenem Auto akzeptiert, werden die logistischen Fähigkeiten unserer Reiseleiter einmal mehr auf eine harte Probe stellt. Aber natürlich läuft am Ende alles glatt. Unseren Autos, nachdem sie auf die Fähre verfrachtet wurden, schauen wir auf ihrem Weg nach Baku noch lange hinterher. Dann machen wir uns auf, um ihnen auf dem Luftweg zu folgen.

Auf unserem Programm stehen natürlich nicht nur kulinarische Erlebnisse und Fahrabenteuer, wenngleich diese in Kasachstan reichlich vorhanden sind. Im Ethnographischen Museum Mangistau erfahren wir zudem etwas über die Prähistorie und Hintergründe zur regionalen Geschichte. Ein Kulturprogrammpunkt also…

…und zur Entspannung einmal etwas ganz anderes, das mag man glauben oder nicht: Wir gehen zum Bowling.

In Aktau verabschiedeten wir uns, man mag gar nicht hinschauen, so traurig ist so manchem zumute, vom atemberaubend schönen und irrwitzig wilden Kasachstan.

Wir sagen danke schön und haben sogleich das starke Gefühl, das unsere Worte angekommen sind.

Es fühlt sich seltsam an, ohne fahrbaren Untersatz zu sein, fast heimatlos. Aber es ist auch eine willkommene Abwechslung. In die Flugzeugsessel können wir uns auf andere, aber ebenso entspannende Weise hineinfallen lassen wie auf die Fahrer- und Beifahrersitze. Vor uns liegt Baku, wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit unseren Wohnmobilen, unserem persönlichen Hab und Gut darin. Und dann: der ganze Rest von Aserbaidschan. Bis dahin,

Euer Reiseteam vor Ort,

Mirka und Gerd, Irina und Dima