"Kirgistan: Ein Land voller Eindrücke"

Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,

schon geht es weiter, wir sind noch immer in Kirgistan, wo wir bereits erste Eindrücke gesammelt haben, die es in sich hatten. Aber das war erst der Anfang unseres Aufenthalts in diesem im besten Sinne eigenwilligen Land.

In dem Dorf Kotschkor im Norden der Region Naryn finden wir ein Handwerkszentrum für die Filzherstellung. Hier lernen wir die traditionellen Methoden der Verarbeitung von Schafwolle kennen.

Wir sind erstaunt darüber, dass diese Technik nicht nur handwerklich, sondern auch körperlich anspruchsvoll ist. Wir kommen uns vor wie in einem Fitnesskurs, kombiniert mit einem Tanzkurs. Filz ist für das Leben eines Nomaden sehr wichtig. Dieses dichte, luftige Material hat eine geringe Wärmeleitfähigkeit, außerdem ist es feuerfest und wasserdicht.

Aus Filz werden Jurtenbezüge und farbenfrohe Nationalteppiche – sogenannte Schirdaks – hergestellt, deren Herstellung und Verzierung zu den schwierigsten kirgisischen Volksarbeiten zählen. Diese Fähigkeiten werden von Generation zu Generation weitergegeben.

Es wurde in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Der Filz wird auch für die Herstellung von Nationalhüten, Schabracken, Taschen, Spielzeug und verschiedenen Souvenirs verwendet. Neben den vielen Filzprodukten können wir hier allerdings auch Mitbringsel ganz anderer Natur kaufen.

Von Kotschkor aus führt uns die Straße nach Tasch Rabat. Viele von uns sind sich einig: Dieser Ort schenkt uns eine der schönsten Landschaften, die wir bislang gesehen haben.

Wie soll man so etwas in Worte fassen? Wir ziehen es vor zu schweigen und zu genießen.

Die grüne Oase des Kochkor-Tals lag einst ebenfalls auf der Route der Großen Seidenstraße.

Karawanen von Kaschgar in China nach Ösgön und Osch machten hier Halt.

Zur Unterstützung dieser Händler wurden Siedlungen gegründet, von denen einige zu Städten wurden, die heute noch existieren. Andere verschwanden ganz. Wieder andere liegen in Ruinen.

Eine davon ist Tasch Rabat, ein geheimnisvoller Ort im südlichen Teil des Atbasha-Gebirges (Teil des Tian Shan), dem „Himmelsgebirge“ in 3100 Metern Höhe. Tasch Rabat ist insofern rätselhaft, als man heute nicht mehr genau weiß, wofür es genutzt wurde. Lediglich ein einzelnes Gebäude ist davon übriggeblieben, das wie eine Mischung aus Burg und Tempel aussieht. Es ist aus massiven Steinen gebaut und hebt sich in einem weiten Tal vor der Kulisse der Berge ab.

Im Innern werden wir schnell von der Mystik des Ortes berührt: die Dunkelheit, die Kälte, die Stille. War dies eine religiöse Zeremonialstätte? Wir versetzen uns in die Blütezeit der Seidenstraße zurück: Auf einmal scheint es uns auch leicht vorstellbar, dass sich die Menschen hier versammelten, um zu essen, zu trinken und Handel zu treiben.

Die Straßen im Tal sind vielerorts gesäumt von Jurten, den traditionellen Zelten der Nomaden.

Diese atemberaubend klare Landschaft weckt die Bewegungslust in uns: Ganz spontan geben wir dem geweckten Drang nach, einige brechen zu Spaziergängen auf, andere unternehmen kleinere Wanderungen.

Bald treffen wir auf große Herden von Kühen, Pferden, Schafen und Yaks, die gemeinsam die spärlichen Weiden abgrasen.

Später begegnet uns ein neugieriger Esel, der aussieht, als käme er vom Frisör, wo er sich einen modischen Haarschnitt im Topfstil hat verpassen lassen.

Auf diese Idylle blicken wir dann gemeinsam: das majestätische, mit Eiskappen bedeckte Tian-Shan-Gebirge.

Die Perle des Tian-Shan-Gebirges – der Yssykköl (deutsch „heißer See“) – ist der größte See Kirgistans. Er liegt auf einer Höhe von 1.608 Metern über dem Meeresspiegel und friert dennoch nie zu. Aufgrund seines bergigen, küstennahen Klimas ist er ein beliebtes Urlaubsziel für die kirgisische Bevölkerung. Als wir uns ihm näheren, wissen wir sofort, wieso.

Auf diese Schönheit gilt es anzustoßen, darüber sind wir uns allesamt einig. Also hoch die Gläser, hoch über das Azurblau!

Der Wein hat uns hungrig gemacht, also fackeln wir nicht lange und stellen unsere Tische zu einer langen Tafel zusammen. Beinahe wie ein Steg steht sie dann zwischen uns da, ein Laufweg zum wunderbaren Blau des Seewassers.

Heute stoßen wir auf Peter an, der heute seinen Geburtstag feiert. Lieber Peter, wir wünschen dir viele schöne und abenteuerliche Reisen mit deiner Laila, am besten natürlich zusammen mit uns.

Eine der schönsten Attraktionen am Yssykköl ist die Skazka-Schlucht (deutsch „Märchenschlucht“). Sie beeindruckt uns immens mit ihren bunten roten Felsen, das sich so klar abhebt vom tiefblauen See dahinter.

Das Ergebnis jahrtausendelanger Erosion sind erstaunliche Skulpturen. Einige von ihnen tragen Namen wie „Chinesische Mauer“, andere ähneln bekannten Tieren oder Fabelwesen wie Drachen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Skazka-Schlucht für die Einheimischen von vielen Legenden und Sagen umwoben ist. Wir rätseln gemeinsam, zu welchem Zweck dieser eigenwillige Thron hier errichtet wurde. Vielleicht um gewisse Geister zu besänftigen, oder gar fernzuhalten?

Samtige Berge, grüne Wiesen, blaue Seen, türkisfarbener Himmel, riesige Pferde- und Schafherden und die Jurten der einheimischen, überaus gastfreundlichen Hirten hinterlassen tiefe Eindrücke bei uns, selbst wenn wir diesem schönen, unbekannten Land nun den Rücken kehren müssen.

In diesem Porträt scheint vieles von dem, was für uns den Aufenthalt in Kirgistan ausgemacht hat, noch einmal verdichtet dargestellt: im Hintergrund die raue, atemberaubende Landschaft, vorne links die gezähmte, aber noch immer auch wilde Natur in Form des Pferdes, zu guter letzt das traditionelle und zugleich weltoffene, freundliche Wesen der Kirgisen.

Uns bleibt nichts mehr übrig als schlichtweg zu sagen: Danke, Kirgistan!

Euer Team vor Ort Mirka, Gerd, Irina und Dima.