Die bezaubernde Pracht von Bischkek
Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,
unser zweiter Aufenthalt in Usbekistan war kurz, aber intensiv, und liegt nun schon wieder hinter uns. Wir haben die Grenze zu Kirgistan immer schon im Visier gehabt, in großer Vorfreude darauf, was uns dort erwarten würde, aber wie immer auch nicht ganz ohne Unbehagen gegenüber dem Grenzübertritt.
Manchmal ist uns, als versuchten wir einen Weltrekord im Überqueren von Landesgrenzen mit besonders viel Bürokratie. Und Weltrekorde benötigen in der Regel Weltmeister ihres Fachs: Dank der Magie unserer Reiseleiter waren wir in nicht einmal vier Stunden in Kirgisistan. Osch ist die zweitgrößte Stadt Kirgisistans und mit ihrer dreitausendjährigen Geschichte auch die älteste Siedlung des Landes. Einst kamen chinesische Handelskarawanen durch das Alai-Gebirge und
wichtige Handelsrouten der Seidenstraße kreuzten sich hier. Später legte das zaristische Russland die Grenzen der Region fest, und teilte so Osch Kyrgysistan zu, und das trotz der Tatsache, dass es hauptsächlich von Usbeken bewohnt war. Diese lebhafte, geschäftige Stadt ist auch heute noch das Zentrum der Region und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt auf dem Weg nach Usbekistan, in die Berge Tadschikistans und auf dem Pamir-Highway.
Der von der UNESCO geschützte heilige Berg Sulaiman Too liegt im Fergana-Tal oberhalb der Stadt Osch. Es handelt sich um den am vollständigsten erhaltenen der heiligen Komplexe in Zentralasien. Dieser Ort wird nun schon seit mehreren Jahrtausenden von Menschen in Ehren gehalten.
Am Fuße des Sulaiman-Too-Bergs befindet sich das Nationale Museum für Geschichte und Archäologie mit mehr als 33.000 Exponaten zur Geschichte, Archäologie, Kunst und Natur Südkirgisistans. Es versteht sich von selbst, dass wir uns das nicht entgehen lassen.
Das einzigartige Sulaiman-Too-Museum wurde in eine natürliche Höhle hinein gebaut, die auf insgesamt 13 Räume erweitert wurde. Die ausgestellten Artefakte beziehen sich auf verschiedene religiöse Praktiken, von Schamanismus über Animismus bis hin zu den großen Weltreligionen. Ein eigenartiger Ort, im besten Sinne des Wortes.
Unser nächster Stopp ist Uzgen. Der bezaubernde Charme der zentralasiatischen Basare zieht uns immer wieder an, und wir sehen keinen Grund, dieser Anziehungskraft zu widerstehen.
Der Toktogul-Staudamm am Fluss Naryn in der Region Jalalabad umfasst eine Fläche von 284 Quadratkilometer. Er ist von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Der Talsperre reguliert die Abflussschwankungen des Flusses und bewässert rund eine halbe Million Hektar Land. Vor dieser Aussicht genießen wir eine angenehme, friedliche Zeit im Einklang mit der Schönheit der umliegenden Natur.
Das Suusamyr-Plateau ist von Berggipfeln umgeben, von denen einige eine Höhe von über 4.500 Metern erreichen. In alten Zeiten zogen auch hier die Karawanen der Großen Seidenstraße vorbei, im Grunde genau wie wir heute auch. Die grünen Ebenen erstrecken sich über 155 Kilometer Länge und bis zu 40 Kilometer Breite. Im Sommer sieht das Tal wie ein grünes Meer aus.
Wir treffen auf grasende Pferdeherden, schlagen wie von selbst den Bogen über die Pferdestärken in unseren Motoren von unseren modernen zu den uralten Fortbewegungsmitteln. So erleben wir die große Geschichte der Menschheit am eigenen Leib.
Hier leben Nomaden in Jurten. Am Straßenrand verkaufen sie das fermentierte Milchgetränk Ayran, Käsebällchen und Berghonig. Und nicht zu vergessen das Wichtigste: Koumiss – Stutenmilch, die jedem einzelnen von uns wie etwas Selbstverständliches, ganz Alltägliches serviert werden.
Im Zuge dieser Begegnungen bekommen wir einen Einblick in das Leben ganz normaler kirgisischer Familien. Und das Interesse basiert auf Gegenseitigkeit: Die kirgisischen Nomaden wollen auch alles über die Unterkünfte der europäischen Nomaden wissen. Auf diese Weise findet echter Austausch statt.
Im Sommer weiden die Hirten in Suusamyr von Mai bis Juli ihr Vieh. Im August ziehen sich die Herden in die Tiefebene zurück und verursachen dabei nicht selten diese typischen Staus. Und im Stau, haben wir längst gelernt, sind grundsätzlich alle gleich: Hirten wie Reisemobilisten, Schafe wie Ziegen.
Bischkek, die Hauptstadt und größte Stadt Kirgistans mit fast einer Million Einwohnern, wurde im späten 19. Jahrhundert als russische Festung gegründet und entwickelte sich während der Sowjetära zu einer modernen Metropole.
Es gibt breite, begrünte Boulevards, zahlreiche mit Statuen geschmückte Parks mit eindrucksvoll gestalteten Springbrunnen, nicht zuletzt große Plätze mit monumentalen Denkmälern für Helden oder bedeutende Persönlichkeiten: Manas ist ein Held, dem man nachsagt, die zersplitterten Stämme zu einer Nation – den Kirgisen – vereint zu haben, das von ihnen bewohnte Gebiet als „kirgisisches Land“ zu definieren und sein Volk und Land vor äußeren Feinden zu schützen.
Die kirgisische Epos-Trilogie „Manas. Semetey. Seitek.“ besteht aus historisch und genealogisch miteinander verbundenen Teilen einer vormals mündlich überlieferten Geschichte. Sie ist bis heute ein lebendiges, sich entwickelndes Phänomen und längst zu einer Verkörperung des Geistes des kirgisischen Volkes und zu einem Symbol für seine ethnische Identität, Integrität und Unabhängigkeit geworden. Und so ist es nicht verwunderlich, dass das Denkmal von einer Ehrenwache bewacht wird.
Ein Denkmal für die berühmteste Frau der kirgisischen Geschichte, Kurmanjan Datka, erinnert an die Not der Frauen. Kurmanjan lebte im 19. Jahrhundert und stammte aus einer Nomadenfamilie aus dem Alai-Gebirge. Sie wurde mit einem Mann verheiratet, den sie an ihrem Hochzeitstag kennenlernte.
Doch sie brach mit der Tradition und floh. Später heiratete sie Alymbek Datka, seinerzeit der lokale Machthaber in der Alai-Region. Als dieser ermordet wurde, übernahm sie an seiner Stelle. Und ihre Autorität und Führungsqualitäten wurden von den umliegenden Völkern anerkannt. Sie trug zur Annexion der Alai-Region durch das Russische Reich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei.
Der Oak Park (deutsch „Eichenpark“) befindet sich mitten im Zentrum von Bischkek. Die alten Bäume werfen Schatten auf Statuen berühmter Persönlichkeiten. Am Abend ist er ein beliebter Ort für Familien und Paare zum Entspannen.
Am Rande des Parks betreibt der kirgisische Künstlerverband eine Ausstellungshalle, eine wahre Fundgrube für Fans postsowjetischer Malerei, Bildhauerei und Druckgrafik. Hier findet man viele Kunstwerke von Künstlern, die noch nie im Ausland ausgestellt haben.
Wir besuchen eine Gesangsaufführung kirgisischer Opernstars im Park in der Nähe des Opernhauses. Russische Romanzen stehen an diesem Abend auf dem Programm. Die Darbietungen der Künstler sind so fesselnd, dass die Sprachbarriere kein Hindernis darstellt – die universellen Botschaften finden auch jenseits des Verbalen ihren Weg in unsere Herzen.
Das kirgisische Volk ist stolz auf seine Toleranz. In Kirgistan leben Menschen vieler Nationalitäten, was zu einer Vielfalt von Kulturen und Religionen führt. Die öffentliche Religionsausübung wurde während der Sowjetzeit unterdrückt; seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 hat sich jedoch vieles verändert. Diese orthodoxe Kathedrale ist Großfürst Wladimir gewidmet, der als Apostel der Gleichberechtigung gilt.
Die Zentralmoschee in Bischkek wurde 2017 fertiggestellt, sie ist eine der größten in Zentralasien. Der gesamte Komplex soll bis zu 20.000 Gläubigen Platz bieten. Das im osmanischen Stil errichtete Gebäude erinnert an die Kocatepe-Moschee in Ankara. Sie ist das Geschenk einer türkischen Stiftung. Frauen sind allerdings nicht zugelassen.
Die kirgisische Küche ist vom nomadischen Erbe des Landes geprägt, wobei Fleisch und Milchprodukte im Vordergrund stehen. Die Restaurantkette Navat hat das Gourmet-Erlebnis mit ortstypischer Inneneinrichtung, Musik und Kostümen aufgewertet. Natürlich probieren wir die nationalen Gerichte rauf und runter, genießen das Ganze in gemütlicher Atmosphäre.
Das Ala-Ark-Tal liegt nur 45 Kilometer von Bischkek entfernt und lässt die Schönheit des Tian Shan-Gebirges schon einmal vor uns aufleuchten: Dorthin führt unsere nächste Reise.
Unsere erste Etappe durch Kirgistan liegt nun bereits hinter uns, aber wir sind noch längst nicht durch mit diesem faszinierenden Land. Einer großer Teil liegt noch vor uns; Zeit, einen Augenblick innezuhalten, um zu rekapitulieren, was wir alles erlebt haben. Aber schon geht es weiter, auf bald!
Euer Team vor Ort Mirka, Gerd, Dima und Irina.