Unterwegs im Pamir-Gebirge

Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,

wir sind noch immer in Taschikistan, genauer gesagt im Pamir-Gebirge, das sich außerdem über China, Afghanistan und Pakistan erstreckt. Es ist mit einigen der höchsten Gebirgsketten der Welt verbunden, wie dem Janshan, dem Karakorum, dem Hindukusch und dem Himalaya. Zwischen mehreren Siebentausendern gibt es im Pamir zahllose Gletscher, Seen und Flüsse.

In Tadschikistan selbst liegen davon der Ismoil Somoni Peak (7495 m), der Lenin Peak (7134 m) und der Korzhenevskaya Peak (7105 m) sowie außerdem einige Sechstausender. Unsere Route führt über die M41, die von den Einheimischen auch Pamirskiy-Trakt genannt wird. Früher war sie einer der Seitenarme der Seidenstraße, heute ist sie eine der schönsten Panoramastraßen der Welt.

In der Gegend von Kalaikhum wird die Straße allmählich schlechter. Dennoch lassen wir uns nicht davon abhalten, trotzdem in das tiefe, felsige Tal des Panj-Flusses einzudringen, der die Grenze zu Afghanistan bildet.

Der Panj-Fluss wirkt wie eine Raum-Zeit-Grenze: Auf der anderen Seite können wir die afghanischen Dörfer sehen. Selbst im Vergleich zur bescheidenen tadschikischen Realität kommen uns diese über Terrassenfeldern erbauten Lehmhäuser wie aus einem vergangenen Jahrhundert vor.

Khorog ist der einzige Ort an der Pamir-Autobahn zwischen Duschanbe und Osch, der ein paar der Annehmlichkeiten einer Stadt bietet. Mit einigen Supermärkten, einem großen Basar und diversen Restaurants ist die Hauptstadt des Pamirs mit ihren 28.000 Einwohnern der Ort, an dem man gut essen kann, bevor man in die Einsamkeit der Pamir-Hochebene eintaucht, oder vielmehr aufsteigt.

Die vielen Menschen, die hierherkommen, um einzukaufen, müssen ihre Vorräte aufstocken. Der Basar ist je nach Sortiment in mehrere Abteilungen gegliedert – hier wird alles wird in großen Mengen verkauft: Säcke mit Nudeln oder Mehl, Paddy-Mandeln, jede Menge Gewürze und noch vieles mehr. Alles wird hier fein säuberlich in Kisten gestapelt. Gemüse und Obst suchen wir allerdings vergeblich.

Dann brechen wir auf. Es ist sehr heiß, aber wir schaffen die ersten Kilometer und Höhenmeter. Entlang der Flüsse gibt es grüne Streifen, die einen eigenartigen Kontrast zur kargen Landschaft der Hochwüste bilden.

In Wose können die lokalen Baumärkte mit den großen Marken zuhause locker mithalten. Es gibt praktisch nichts, was es hier nicht gibt.

Was die Russen einst gebaut haben, wird jetzt von den Chinesen repariert und verbreitert: die Straße.

Für uns bedeutet das, dass wir uns im Voraus über die Arbeitszeiten der Straßenbauer informieren müssen, um dann in den Pausen fahren zu können. Darum heißt es oft: sehr früh am Morgen aufstehen. Dennoch müssen wir manchmal stundenlang warten, bis die Straße befahrbar ist. Die atemberaubende Kulisse lässt uns aber gar nicht erst an Langeweile denken.

Von Kashgar in der uigurischen Region Chinas werden Dutzende von Tonnen an Waren auf Lastwagen verladen, und mehrere Tage lang kurven die Fahrer im Schneckentempo zurück nach Duschanbe. Es sind vor allem diese überladenen Lastwagen, die für die vielen Spurrillen und Schlaglöcher auf der Straße verantwortlich sind.

Auf dieser risikoreichen Route mit ihren schmalen Straßenverläufen und engen Kurven bleibt der eine oder andere Lastwagen auf der Strecke, das heißt in diesem Fall: neben der Strecke, und das wiederum bedeutet hier: im Wasser.

Die Gipfel des Gebirges sind von Gletschern erodiert worden, die in den Tälern darunter viele Narben hinterlassen haben. Wir denken dabei an jene, die behaupten, Narben würden ein Antlitz überhaupt erst vollendet schön machen, ein menschliches Gesicht zum Beispiel, und das Antlitz der Erde nicht weniger.

Wir haben Grund zur Freude: der mit 4.200 Metern höchste Punkt wurde soeben überschritten.

Der Churulkul-See erscheint vor uns wie eine Fata Morgana, umgeben von Salinen. Er bietet alle Farbschattierungen von azurblau bis smaragdgrün. In ihm spiegeln sich die umliegenden Berge und die darüber schwebenden Wolken. Wir werden uns später fragen, ob wir diese Ansicht nicht bloß geträumt haben

In Jelondi gibt es eine Reihe von heißen Quellen, denen eine heilende Wirkung nachgesagt wird. Früher gab es hier sowjetische Bäder, heute ist in diesem Komplex ein Sanatorium untergebracht. Wer sich traut, setzt sich in den großen Whirlpool der Einheimischen und genießt die sowjetische Sanatoriumskultur von ihrer besten Seite. Männer und Frauen sind natürlich getrennt und nackt.

Das Dorf ist durch einen Fluss und eine Brücke geteilt, die unsere Autos nicht überqueren können. Dennoch genießen wir die schöne Aussicht…und zwar zusammen mit diesen beiden Einheimischen, die uns in ihrer Mitte willkommen heißen.

Die staubige Schotterpiste schlängelt sich durch die bergige, trockene Einöde und bietet uns im Zusammenspiel mit weißen Wolken vor einem dunkelblauen Himmel ein unglaubliches Spektakel. Wieder stellt sich jenes traumartige Gefühl ein.

Mit 7.500 Einwohnern ist Murghob die einzige größere Stadt im Gorno-Badachschan-Gebirge. Mit einer Höhe von 3.650 Metern über dem Meeresspiegel ist sie die höchstgelegene Stadt in Tadschikistan. Wir erreichen es über diese Brücke über den Murgab, die gesäumt ist von tadschikischen Flaggen, die uns willkommen zu heißen scheinen.

Und Laika? Sie hat es gerade so zur Tankstelle geschafft.

Hier gibt es keine Zapfsäulen, hier wird von Hand getankt: zuerst in den Kanister und von dort ins Auto.

Die Pamiris haben zwar nicht diese, aber dafür sicherlich andere Sorgen.

Bei dem Dorf Barsem fließt der klare Bergfluss Shoripdara vom Gletscher in den von Sedimenten getrübten Talfluss Gunt. An der Mündung dieser beiden Flüsse vermischen sich ihre Wasser und erzeugen diese impressionistischen Muster. Wer von uns geglaubt hat, schon alles gesehen zu haben, wird wieder einmal Lügen gestraft.

Bei dem Dorf Barsem fließt der klare Bergfluss Shoripdara vom Gletscher in den von Sedimenten getrübten Talfluss Gunt. An der Mündung dieser beiden Flüsse vermischen sich ihre Wasser und erzeugen diese impressionistischen Muster. Wer von uns geglaubt hat, schon alles gesehen zu haben, wird wieder einmal Lügen gestraft.

In der Nähe von Yomj stoßen wir auf dieses friedliche Nebeneinander von Ziegen und Schafen. Die Ruhe, die von diesem idyllischen Anblick ausgeht, ist ansteckend: wir halten einen langen Moment inne und kosten ihn zur Gänze aus.

Zwei einheimische Frauen haben für uns einen sehr leckeren, authentisch tadschikischen Plov zubereitet, natürlich mit selbstgebackenem Brot. Sie übergeben das Festmahl an zwei unserer Männer. Genossen wird dann in großer Runde mit allen. Das ist selbstverständlich.

Das historische Chudschand ist eine der ältesten Städte Zentralasiens. Vor etwa 2500 Jahren gegründet, war sie einst eine der großen Städte an der Seidenstraße. Heute ist Chudschand die zweitgrößte Stadt Tadschikistans und zugleich die Hauptstadt der nördlichsten Provinz Sogdia Vilayet. In der Festung Timurmalik aus dem 11. Jahrhundert befindet sich ein Museum, das Kyros dem Großen gewidmet ist, der seinerzeit den Grundstein für die Stadt legte.

Die Madrasa des Scheichs Masal ad-Din ist ein weiteres Symbol der Stadt, das von uns bestaunt wird.

Auf dem örtlichen Punjab-Basar stürzen wir uns in einen Strudel von des Einkaufens. Besonders beliebt sind hier die getrockneten Käsebällchen, die es in allerlei verschiedenen Ausführungen gibt.

Am Abend genießen wir ein traditionelles tadschikisches Abendessen im Rawshane, dem wohl besten Restaurant der Stadt. In gemütlicher Runde sitzen wir zusammen bei einem Plausch mit unserer örtlichen Reiseleiterin und ihren deutschen Studenten.

Unser letzter Halt ist in der Stadt Buston nahe der usbekischen Grenze. Nachdem wir geparkt haben, werden wir von vielen Einheimischen begrüßt: Kinder heißen uns mit frischen, duftenden Melonen willkommen.

Nach der ersten Welle des Dankes und der Begeisterung wartete eine weitere angenehme Überraschung auf uns: Wir wurden zum Frühstück eingeladen. Eier, hausgemachter Käse, Aufschnitt, Joghurt, Sahne, Tee und frisch gebackenes Brot von gigantischem Ausmaß.

Vielleicht ist nun die Zeit für ein Resümee gekommen. Denken wir an unsere Begegnungen mit den Tadschiken zurück, fallen uns viele Wörter ein: Gastfreundschaft, Offenheit, Freundlichkeit, Wärme. Jede einzelne davon hat uns bereichert.

An der letzten Tankstelle vor der Grenze zu Usbekistan sind es wieder einmal die Kinder, die uns aufs Wärmste verabschieden.

Also reisen wir wieder ab, fahren einmal mehr weiter: Es geht zurück nach Usbekistan. Aber vorher versäumen wir nicht, noch einmal Danke zu sagen. Danke, Pamir. Danke, Tadschikistan.

Euer Team vor Ort Mirka, Gerd, Lutfi und Dima.