UNESCO-Weltkulturerbe in Usbekistan

Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,

wir haben Turkmenistan hinter uns gelassen und sind ohne Weiteres ins benachbarte Usbekistan gereist. Gleich zu Beginn werden wir von einer eindrücklichen Skulptur empfangen, die genau zu wissen scheint, was uns umtreibt.

Einst zogen Tausende solcher Karawanen durch die Landschaft. Wenn die Zeiten sich selbstverständlich auch hier ändern, scheint dieses Kunstwerk dennoch eine zeitlose Botschaft zu enthalten. Es fällt uns nicht schwer, uns mit dem lesenden Reiter zu identifizieren: als sei sein Buch unser Reiseführer, und sein Kamel unser Caravan.

Den Lastwagenfahrern muss es ganz ähnlich ergehen, sind sie doch, so seltsam das anmuten mag, die direkten Nachfolger der einstigen Karawanenführer. Unsere Annäherungsversuche vermittels unserer Kamera nehmen sie mit großem Humor.

Wir modernen „Nomaden“ reisen ohne viel Gepäck, geschweige denn mit viel Fracht, stattdessen mit einer unstillbaren Sehnsucht nach mehr Wissen in unseren Herzen. Usbekistan, das wird gleich zu Beginn deutlich, gewinnt die Herzen aller, die es betreten.

Chiwa liegt zwar nicht an der Hauptroute, sondern an einem Seitenarm der Seidenstraße. Im Jahr 1592 wurde hier das Khanat von Chiwa gegründet, das dank des Sklavenhandels florierte. Später eroberte der persische Herrscher Nadir Schah Chiwa und machte es zum nördlichen Vorposten seines Reiches. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es von der russischen Armee erobert, im Jahr 1924 wurde das gesamte Land sowjetisch. Die Stadt ist eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Städte der Welt. Die kompakte Ansammlung historischer Gebäude gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Reisende aus aller Welt und jeden Alters rasten für eine Weile im Schatten der mächtigen Mauern dieses märchenhaften Orts.

Das kurze oder unvollendete Minarett Kalta Minor ist ein Symbol des alten Chiwa. Im Jahr 1851 beschloss Mohammed Amin Khan, ein Minarett zu bauen, das so groß sein sollte, dass man von seiner Spitze aus bis ins 450 Kilometer entfernte Buchara sehen konnte. Es war eine faszinierende Vision, die jedoch mit dem Tod des Herrschers erlosch. Obwohl es „nur“ 26 Meter in die Höhe wuchs, ist es dennoch eines der unvergesslichsten Monumente.

Eine der lokalen Berühmtheit in Chiwa heißt Misha. Er ist ein Kamel. Wir merken schnell, dass an ihm kein Weg vorbei geht. Jedes Foto lässt der alte Knabe, der auf diese Weise seit den Tagen der Sowjetunion hier posiert, sich gut bezahlen. So wird man zum Millionär, darüber herrscht in der Gruppe Einigkeit. Misha ist zudem auf allen Werbematerialien der Stadt zu sehen.

Einer der meistbesuchten Orte in Chiwa ist das Mausoleums des legendären Dichters, Philosophen und Ringkämpfers Pahlawan Mahmud, der als Heiliger verehrt wird. Der Sufi-Lehrer lebte von 1247 bis 1326.

Pahlawan Mahmud gilt außerdem als Schutzpatron von Usbekistan. Aus allen Teilen des Landes kommen Pilger zum Grab, um ihm ihre Aufwartung zu machen. Die schöne Majolika-Dekoration des Innenraums lädt auch uns zur Besinnung ein.

Die Hauptstraße von Chiwa ist mit einer Vielzahl von Geschäften und kleinen Teehäusern gefüllt, die unter den Zweigen der Bäume versteckt sind. Verkäufer in farbenfrohen Kleidern bieten handgeschnitzte Gegenstände, Bronzetabletts, Tücher, bunte Stoffe, Kunsthandwerk und nicht zuletzt die traditionellen Pelzmützen an. Heute ein beliebtes Souvenir, waren sie früher ein Symbol für die Bedeutung der Familie. Schutz vor Hitze und Kälte bieten sie zu allen Zeiten.

Die Dschuma-Moschee aus dem 10. Jahrhundert ist noch in ihrer ursprünglichen Form erhalten und eine der ältesten Moscheen Usbekistans. Die geräumige Moschee wird von 213 Säulen aus Ulmenholz getragen, die aus verschiedenen Epochen stammen. Die Säulen sind mit ungewöhnlich feinen und präzisen Schnitzereien verziert, die ein Beispiel für die berühmte Bukhara-Schnitzkunst sind.

Die Kozi Kalon Madrasa wurde 1905 von Richter Salim Akhun erbaut. Madrasa bezeichnet eine Lehreinrichtung, in der den islamischen Grundsätzen gemäß das Wissen der Zeit vermittelt werden soll. In diesem Gebäude befindet sich heute ein Musikmuseum.

In den Höfen der monumentalen Festung Kuhna Ark befand sich einst das Gefängnis.

Auf diesem kreisförmigen Sockel stellten Nomaden ihre Jurte auf, ihr traditionelles Zelt.

Innerhalb dieser Backsteinmauern atmen wir die Antike, die Türmchen über dem Eingang sind mit den typischen türkisfarbenen und weißen Mustern gesäumt.

Während wir lokale Spezialitäten probieren, wohnen wir einer Aufführung der Kunst- und Folkloregruppe „CHIVA“ bei. Der Star der Truppe, der kleine Agabek, begeistert einige von uns so sehr, dass sie nichts mehr auf den Stühlen hält, stattdessen das Tanzbein schwingen.

Die usbekischen Melonen gelten als die süßesten und saftigsten der Welt. Natürlich lassen wir uns gerne am eigenen Leib davon überzeugen.

Die Fahrt von Chiwa in den Osten des Landes, wo sich die alte Stadt Buchara befindet, dauert mehrere Stunden. Um unser Ziel zu erreichen, müssen wir die Kyzylkum-Wüste durchqueren, eine karge Einöde, die sich in der Ferne verliert.

Die Kyzylkum-Wüste bedeckt 58 Prozent der Fläche Usbekistans und wird auch Rote Wüste genannt. Das Gras und die Sträucher, die hier wachsen, verdorren schnell, wodurch die gesamte Landschaft eine dunkle Farbe annimmt.

Wir beginnen unseren Besuch in Buchara mit einer heiteren Note – an der Bronzestatue von Chodscha Nasreddin: Philosoph, Witzbold, Lehrer. Ein Name, den wir aus vielen orientalischen Geschichten kennen. Eine Figur, die so populär ist, dass die UNESCO 2008, den 800. Jahrestag seiner Geburt, zum Jahr des Nasreddin erklärt hat. Also, viel Spaß beim Lernen mit Nasreddin. Seine Streiche werden von unserem ebenso klugen wie witzigen Führer Ulug’bek zum Leben erweckt. Am liebsten würden wir 1001 Nächte lang seinen Geschichten zuhören.

Die Nodir-Devonbegi-Madrasa wurde zwischen 1619 und 1620 erbaut, benannt wurde sie nach dem Khan-Würdenträger Nodir Devonbegi. Das Gebäude wurde als Karawanserei gebaut; als es eröffnet wurde, erklärte Khan Imamkuli jedoch, dass es sich um eine Madrasa handele. Interessant ist das Mosaik-Tympanon des Portals. Zwischen den floralen Ornamenten sind phantastische Vögel abgebildet, die weiße Hirsche in ihren Krallen tragen.

In Buchara stoßen wir auch auf die berühmten mit Bögen, Gewölben und Kuppeln überdachten Toki-Basare, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind. Hier ist der richtige Ort, um Souvenirs zu erstehen, wir werden bald fündig: schöne Kunstwerke, Gemälde auf altem Papier, aus Holz oder Kamelknochen geschnitzte Alltagsgegenstände.

Die Karawansereien sind heute voll von Werkstätten und Geschäften. Dabei hat sich in Usbekistan ein interessanter Brauch entwickelt: Alte Denkmäler dienen meist nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck, sondern werden von Händlern zweckentfremdet und dadurch wiederbelebt. Wir bestaunen die Toki-Zargaron (Kuppel der Juweliere),  die Toki-Sarrafon (Kuppel der Geldwechsler) und die Toki-Tilpak-Furushon (Kuppel der Kopfbedeckungsverkäufer).

Ein besonders begehrtes Highlight: die Werkstätten und Geschäfte der Messermacher.

Der Wesir Ulugʻbek begann 1417 mit dem Bau einer Madrasa. Deren Portal und die Wände sind mit schlichtem, aber sehr eindrucksvollem Fliesendekor in Blautönen verziert. Die nach ihm benannte Madrasa beherbergt heute mehrere Geschäfte und ein Museum, das sich der Erforschung und Restaurierung von Denkmälern in Buchara widmet.

Die ursprüngliche Tür ist mit geschnitzten Inschriften geschmückt, die besagen: „Das Streben nach Wissen ist die Aufgabe jedes muslimischen Mannes und jeder muslimischen Frau, und die Tore der göttlichen Glückseligkeit werden sich täglich über den Menschen öffnen, die sich auf die Weisheit der Bücher gestützt haben.“ 

Nicht nur Souvenirs, sondern auch duftende Gewürze werden in den stilvollen Geschäften in den Gassen der Altstadt angeboten. An diesen verlockenden Säcken geht niemand von uns einfach nur vorüber.

Die Mir-Arab-Madrasa ist eine islamische Schule, die noch immer in Betrieb ist. Obwohl sie nach der Ankunft der Bolschewiken 1920 geschlossen wurde, ließ Stalin sie 1944 wieder eröffnen, als er die Unterstützung der Muslime im Krieg benötigte. Die Klarheit der Strukturen beeindruckt uns, vor dem ebenso klaren blauen Himmel kommt sie voll zur Geltung.

Auch unsere Männer müssen sich hier an den Trikot-Kodex halten: keine kurzen Hosen. Am Eingang wird ihnen Kleidung zum Wechseln zur Verfügung gestellt.

Die Festung von Buchara ist das Wahrzeichen der Stadt, das älteste erhaltene Denkmal der Stadt und vor allem die Residenz der Herrscher von Buchara. Sie steht auf einem künstlichen Hügel von 4 Hektar. Im Jahr 1220 wurde sie von Dschingis Khan zerstört, im 16. Jahrhundert wieder aufgebaut und mit noch heute erhaltenen, 16 bis 20 Meter hohen und 790 Meter im Umfang messenden Mauern befestigt.

Das Samaniden-Mausoleum ist ein architektonisches Meisterwerk, das während der Samaniden-Dynastie im 19. Jahrhundert in Buchara errichtet wurde.

Das im Westen des mittelalterlichen Buchara gelegene Grabmal beherbergt die Überreste Ismail Samanis und befand sich einst inmitten eines Friedhofs. Nach so vielen kargen Steinbauten staunen wir über die für zentralasiatische Verhältnisse üppige Bepflanzung.

Wir können Buchara nicht verlassen, ohne die ehemalige Chor-Minor-Madrasa zu besuchen, die im östlichen Teil der Stadt, etwas abseits der Hauptsehenswürdigkeiten, liegt. Ihre vier türkisfarbenen Türme erinnern uns in ihrer Form an Morcheln: Sie sind äußerst fotogen, einzigartig, fast surreal. Für uns war Chor Minor der beste krönende Abschluss eines mehrtägigen Aufenthaltes im angenehmen, an Eindrücken reichen Buchara.

Wir hätten uns keinen passenderen Abschluss für unsere erste Etappe durch das traumhafte Usbekistan erträumen können als dieses atemberaubende Torgebäude, die Chor-Minor-Madrasa. Indem wir sie passieren, nehmen wir Abschied von Buchara und gleichzeitig Kurs auf Samarkand. Spätestens dort treffen wir uns wieder und wünschen bis dahin allen Reisenden eine gute Reise,

Euer Reiseteam vor Ort, Mirka, Gerd, Dima und Ulugʻbek