Turkmenistans "Tor zur Hölle"

Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,

vielleicht hat sich der eine oder andere gefragt, warum sind wir durch Turkmenistan fahren. Nun, der Gründe gibt es vielerlei. Zunächst einmal reisen wir noch immer über die Seidenstraße, und die führt nunmal durch Turkmenistan. Zudem haben unsere Manager offenbar insgeheim eine gewisse Lust auf mehr Bürokratie verspürt, denn: Wir waren schon fast überall, nur nicht in Turkmenistan. Ein weiterer Grund: Wir wollen das Tor zur Hölle sehen. Und nicht zuletzt lesen wir gerade das Guinness-Buch der Rekorde.

Turkmenistan ist der einfachste Weg von Europa nach China, das wussten die Seidenhändler schon im Mittelalter. Die natürliche Grenze Turkmenistans bilden das Kaspische Meer im Westen, der Fluss Amudarya im Norden und die Bergketten im Süden.

Unser erster Halt sind die Ruinen der Stadt Nisa, der ehemaligen Hauptstadt des Partherreiches, das vor zweitausend Jahren über das heutige Turkmenistan und einen Teil Persiens herrschte. Obwohl wir schon viele Ausgrabungsstätten gesehen haben, verschlägt es uns bei diesem Anblick einmal mehr den Atem.

Inmitten der Gemäuer des alten Nisa gibt uns unsere Führerin Natalia einen spannenden Einblick in das Leben im Partherreich.

Das 1818 gegründete Aschgabat wurde 1880 von den Russen besetzt, die dort eine Festung an der wichtigen Grenze zwischen Russland und Persien errichteten. Im Jahr 1948 wurde die Hauptstadt Turkmenistans von einem schweren Erdbeben heimgesucht, bei dem 110.000 Menschen (der größte Teil der Bevölkerung von Aschgabat) ums Leben kamen und die meisten Bauten zerstört wurden.

Danach wurde die Stadt im Stil der sowjetischen Architektur wiederaufgebaut, nach dem Zusammenbruch der UdSSR wurde sie die Hauptstadt von Turkmenistan. Zwei frühere Präsidenten errichteten bald eine Reihe von Palästen und Denkmälern, Gedenkstätten und anderen Gebäuden. Aschgabat hat den Spitznamen „Weiße Stadt“ – dank des allgegenwärtigen weißen Marmors aus Carrara in Italien.

Ganze Wohnviertel in Aschgabat sind mit dem italienischen Marmor verkleidet, sodass die Stadt als diejenige mit den meisten Gebäuden aus weißem Marmor in der Welt im Guinness-Buch der Rekorde zu finden ist. Ein Großteil der Wirtschaft Turkmenistans basiert auf Öl- und Gaseinnahmen.

Ein weiterer Eintrag im Guinness-Buch beschreibt dieses gigantische Riesenrad mit einem Durchmesser von 47 Metern, das sich in einer massiven Struktur aus Glas und Stahl dreht. Es gilt als das größte geschlossene Riesenrad der Welt. Von außen betrachtet sieht es aus wie ein achtzackiger Stern mit einer vergoldeten Kugel.

Die schönste Moschee der Hauptstadt, die Ertuğrul Gazi, wurde hier von den Türken nach dem Vorbild der berühmten Blauen Moschee in Istanbul erbaut. Sie bietet Platz für bis zu fünftausend Gläubige. An diesem Tag scheinen wir fast die einzigen Pilger zu sein, wirkt die Atmosphäre beinahe ein wenig gespenstisch.

Bald sitzen wir, natürlich barfüßig, im prachtvollen Innenraum zwischen schlanken Minaretten, osmanischen Elementen, interessanten Dekorationen und bewundern den größten handgewebten Teppich.

Zu den absoluten Höhepunkten unseres Besuchs in Aschgabat gehört zweifelsohne das Unabhängigkeitsdenkmal auf dem gleichnamigen Platz, das uns fast wie aus einem Science-Fiction-Film stammend vorkommt.

Der Park rund um das Denkmal ist so sorgfältig instandgehalten wie alle anderen auch.

Die vergoldeten Ornamente und Marmorflächen werden praktisch unablässig – von unsichtbarer Hand offenbar – gehegt und gepflegt.

Nicht weit vom Unabhängigkeitsdenkmal entfernt ist das mutmaßlich einzige Buch der Welt ausgestellt, das als Denkmal in Stein gemeißelt ist und über seinen eigenen Park verfügt. „Ruhnama“ lautet sein Titel – „Buch der Seele“; es wurde vom ehemaligen Präsidenten Turkmenistans, Saparmyrat Nyýazow, verfasst und besteht aus zwei Teilen.

Veröffentlicht in den Jahren 2001 und 2004, folgt es dem alten turkmenischen Epos „Oguzname“. Es ist ein Konglomerat aus Nyýazows Autobiografie, Lektionen über Religion und Moral und historischen Abhandlungen sowie poetischen Passagen. „Ruhnama“ ist in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden.

„Das Unabhängigkeits- und Friedensdenkmal ist ein architektonischer Komplex, der an die Emanzipation Turkmenistans von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die offizielle Erklärung seiner Unabhängigkeit (27. Oktober 1991) erinnert.

Er wurde auf Veranlassung von Präsident Saparmyrat Nyýazow errichtet und war Teil des großen Stadterneuerungsplans, der unter seiner Regierung in Angriff genommen wurde. Mit einer Höhe von 118 Metern ist es das höchste Denkmal in Aschgabat.“ (Quelle: wikipedia)

Der Flughafen von Aschgabat, der in Form eines fliegenden Falken konstruiert wurde, ist ein echter Hingucker. Laut Guiness-Buch handelt es sich dabei um das größte vogelförmige Gebäude der Welt.

Turkmenistan ist nicht nur die „Weiße Stadt des Marmors“, sondern offenbar auch die „Stadt der weißen Autos“. Wir haben bald herausgefunden, dass es inländische Autos in keiner anderen Farbe gibt.

Wie gesagt: Nahezu jedes Auto auf turkmenischen Straßen ist weiß. Wie wir sehen, gliedern die meisten von uns sich diesbezüglich bestens in den Verkehr ein. Und nicht nur farblich in den Verkehr: Die Verwandtschaft der beiden Reiter ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen – hier das Gespann aus der Hündin Laika und dem symobolischen Wohnmobilreisenden im Logo des Autos, dort jenes aus Pferd und dem ehemaligen turkmenischen Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedow, dargestellt in einer Statue.

Ein Großteil des Gebiets von Turkmenistan wird von der Karakum-Wüste in Beschlag genommen. Ihre Straßen zu befahren, fordert uns ein gewisses fahrerisches Können ab – macht aber auch ganz schön viel Spaß!

Unser nächstes Ziel ist bald erreicht: Staunend stehen wir dann am Abgrund, dem sogenannten „Tor zur Hölle“. Dabei handelt es sich um einen feurigen Krater, der, inmitten der Karakum-Wüste gelegen, seit 1971 brennt. Dieses ungewöhnliche Phänomen, das auch als der Krater von Derweze bekannt ist, ist zu einem begehrten Touristenziel geworden.

Und wie ist dieses berühmte Tor zur Hölle eigentlich entstanden? Im Jahr 1971 erkundeten sowjetische Geologen hier ein Erdgasvorkommen. Bei den Bohrungen stürzte das Gestein ein und hinterließ einen Krater von etwa 20 Metern Tiefe und 100 Metern Durchmesser. Als die isolierenden Gesteinsschichten durchbrochen waren, begann Erdgas an die Oberfläche zu strömen.

Um eine Ausbreitung auf die Umgebung zu verhindern, beschlossen die Geologen, das Gas anzuzünden, da sie davon ausgingen, dass die Lagerstätte bald ausbrennen würde. Dies geschah jedoch nicht: Stattdessen brennt das austretende Erdgas seit über 50 Jahren vor sich hin.

Bei Nacht ist das Feuer besonders beeindruckend. Wie könnten wir uns ein solch einzigartiges, wenn auch menschengemachtes Naturspektakel entgehen lassen? Zumal Präsident Berdimuhamedow kürzlich bekanntgegeben hat, den Brand in Bälde löschen lassen zu wollen – aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen.

Für die letzte Etappe unserer Reise durch Turkmenistan begeben wir uns in den Norden des Landes. Die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, Daşoguz, liegt nahe der Grenze zu Usbekistan. Die Kongresshalle ist wie viele andere Gebäude im Jurtenstil gebaut, was symbolisch zu verstehen ist: Durch die Adern der Turkmenen fließt noch immer nomadisches Blut.

Die turkmenische Küche ist typisch zentralasiatisch. Sie enthält viel Fett und Fleisch, vor allem Hammel. Typische Gerichte sind Plov (gebratener Reis mit Fleisch und Karotten), Schaschlik/Kebab (gebratene Fleischstücke am Spieß) und Samsa (mit Fleisch gefüllte Beutel). Obwohl es sich um ein muslimisches Land handelt, ist Alkohol hier kein Problem. Die Einheimischen trinken hauptsächlich Wodka und Bier.

Auf dem Dashoguz Central Farmers Market können wir neben dem klassischen Basarsortiment auch kaspischen Kaviar, turkmenischen Cognac und köstliche Melonen einkaufen – als Wegzehrung sozusagen. Denn am nächsten Tag überqueren wir die Grenze nach Usbekistan, machen uns wieder auf den Weg zu neuen Abenteuern.

Eins steht fest: Turkmenistan bedeutete eine dem Iran gänzlich verschiedene Erfahrung, aber eine sicherlich nicht weniger einzigartige. Das Land zählt zu den am meisten abgeschotteten Regionen der Welt: Wir haben es daher als umso größeres Privileg empfunden, es durchreisen zu dürfen, und sagen daher: „Vielen Dank, Turkmenistan!“ und „Alles Gute!“,

Euer Reiseteam vor Ort, Mirka, Gerd, Dima und Natalia